Seriöse oder unseriöse Schuldnerberatung - auf diese Kriterien sollten Sie achten

wirkliche Experten in der Schuldnerberatung sind heutzutage sehr selten


Geben Sie heute in eine beliebige Suchmaschine den Begriff „Schuldnerberatung“ oder „Insolvenzberatung“ ein, so erscheint eine Vielzahl von Anzeigen. Zahlreiche Rechtsanwälte, Vereine und Betriebsberater bieten ihre Leistungen an, einer wirkt besser und erfahrener als der andere. Erfahrene Schuldnerberater möchten sie alle sein. Beim genaueren Hinsehen jedoch handelt es sich bei den Anbietern zu einem nicht unerheblichen Teil um ehemalige Bankangestellte, gescheiterte Juristen oder Betriebswirtschaftler, die sich im Netz als die alleinigen Spezialisten darstellen. Dieser Schein trügt, was der unwissende Schuldner jedoch nicht zu erkennen vermag.

Es ist für den Unkundigen mehr als schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen und aus den vielen und kaum überschaubaren Anbietern und Schuldnerberatern jemanden zu finden, der kompetent berät und dafür geeignet ist, ein Entschuldungsverfahren zu begleiten. Dazu kommt, dass über die Hälfte der im Internet angezeigten Schuldendienste unseriös arbeitet und letztlich für das viele Geld keine Gegenleistung erbringt. Die Unkenntnis der Armen wird schamlos ausgenutzt und denjenigen, die sowieso ums Überleben kämpfen und kaum noch Geld im Portemonnaie haben, wird auch das noch aus der Tasche gezogen.

In unserer langjährigen Erfahrung sowohl als Insolvenzverwalter als auch als Berater von Gläubigern und Schuldnern sind die folgenden Konstellationen am häufigsten vorgekommen und erscheinen daher geeignet, den seriösen vom unseriösen Berater abzugrenzen:


Auf folgende Kriterien sollten Sie daher besonderes Augenmerk richten:

1. Bietet der Schuldnerberater eine „kostenlose Erstberatung“ an?

Über eines sollte man sich im Klaren sein: Kostenlose Schuldnerberatung gibt es nicht. Wie alle Dienstleistungen in unserer Marktwirtschaft muss auch die Schuldnerberatung und Insolvenzberatung finanziert werden. Auch die karitativen Beratungsstellen wie DRK, Caritas, Arbeiterwohlfahrt etc. rechnen ab. Zwar nicht nach außen gegenüber dem Bürger, jedoch intern unmittelbar gegenüber dem Staat. Wie jedes Unternehmen muss auch die Caritas ihre Mitarbeiter bezahlen und hat betriebsbedingte Ausgaben, möchte sie ihre Dienstleistungen am Markt anbieten. Der Staat bezahlt den Schuldnerberatungen Geld für jeden aufgenommenen Fall. Umsonst arbeiten kann also niemand, von ehrenamtlich Tätigen einmal abgesehen.

Wegen der staatlichen Finanzierung sind die Leistungen der karitativen Stellen für den Bedürftigen kostenlos und zwar die gesamte Beratung und Betreuung bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Unsere langjährige Erfahrung zeigt, dass mit „kostenloser Erstberatung“ meistens nur gewerbliche Schuldnerberatungsstellen werben, die schnell und mit wenig Aufwand zu Geld kommen möchten. Leider wird dabei oftmals das bekannte Geschäft mit der Armut betrieben. Das „kostenlose Erstgespräch“ beschränkt sich erfahrungsgemäß auf nur wenige Minuten, in denen der unerfahrene Hilfesuchende weniger beraten wird. Es wird ihm vielmehr vornehmlich eine Unterschrift abgerungen, mit der er sich zur Zahlung einer hohen Geldsumme an den Schuldenberater verpflichtet. Sitzt nämlich der Schuldner erst einmal dem Berater gegenüber, kann er nur schwer wieder zurückrudern und unterzeichnet schließlich eine völlig überteuerte Honorarvereinbarung.

Ein seriöser Berater kostet sicher Geld, wird aber bereits vor einer umfangreichen Beratung darauf hinweisen, dass er auch bezahlt werden muss.
Eine kostenlose Erstberatung bieten wir nicht an, weil es unsere Kostenstruktur nicht ermöglicht. Bei uns steht die Qualität und Seriosität im Vordergrund. Personen, die sich unsere Betreuung nicht leisten können, verweisen wir an karitative Einrichtungen oder auf die von den Amtsgerichten zugesprochene Beratungshilfe.

2. Ist der Schuldner - bzw. Sanierungsberater Jurist und verfügt über nachgewiesene besondere Kenntnisse? Hat der Rechtsanwalt die Zusatzqualifikation Fachanwalt für Insolvenzrecht?

Diese Selbstinszenierung der Anbieter ist zum Großteil dadurch bedingt, dass der Begriff „Schuldnerberater“ nicht als Berufsbezeichnung geschützt ist und sich im Grunde jeder als solcher bezeichnen kann. Ebenso wie sich jedermann als „Auto Experte“ bezeichnen kann, der meint, er habe eine besondere Ahnung von Fahrzeugen, kann jeder als Schuldnerberater inserieren, wer meint, er müsse anderen den Umgang mit Geld beibringen. Eine besondere Prüfung erfolgt dabei nicht.

Viele Schuldnerberater sind Sozialpädagogen mit einer mathematischen Zusatzausbildung. Es gibt mittlerweile Seminare, bei denen man an einem einzigen Wochenende Wissen komprimiert vermittelt bekommt und sich nachher dann als „geprüfter Schuldnerberater“ ausgeben darf. Jeder, der nach einem gescheiterten Examensversuch als Jurist oder Betriebswirtschaftler ohne weitere Anstrengungen ins Berufsleben einsteigen möchte, wird Schuldnerberater und verkauft sich mit seinem gescheiterten Jura oder BWL Examen als „Beratungsspezialist“ mit betriebswirtschaftlichen bzw. juristischen Qualifikationen. Dass eine zweitägige Lehrveranstaltung nicht ausreicht, um ein fünfjähriges Studium eines Volljuristen mit Schwerpunkt Insolvenzrecht zu kompensieren, braucht wohl nicht näher erörtert zu werden. Ebenso wenig verfügt ein Controller oder ehemaliger Buchhalter eines Betriebes über insolvenzspezifische Kenntnisse, die in der Insolvenzberatung jedoch unabdingbar sind.

Wer sich nicht auskennt, der bemerkt auch nicht, dass allein die Eigenschaft als Rechtsanwalt einen Berater noch lange nicht befähigt, tatsächlich kompetente Insolvenzberatung zu erteilen. Als Rechtsanwalt hat der Probant zwar sein juristisches Examen bestanden und darf vor Gericht auftreten. Dies sagt aber noch nichts aus über sein Wissen im Insolvenzrecht, welches nicht Bestandteil des Studiums ist und nur durch viel Praxiserfahrung erworben werden kann. Schuldner– und Insolvenzberatung sind nicht Bestandteil des Jurastudiums, die Kenntnisse müssen allesamt in der Praxis erworben werden. Lassen Sie also die Finger von Rechtsanwälten, die alle Rechtsgebiete beackern und nur bei Gelegenheit Insolvenzen bearbeiten. Wenden Sie sich bitte gleich an einen Spezialisten oder einen Fachanwalt für Insolvenzrecht. Sie gehen schließlich auch nicht zum Urologen, wenn Sie Zahnschmerzen haben.

Ganz besonders zu hinterfragen sind Vereine, die nach außen eine Tätigkeit zum Gemeinwohl aller suggerieren, in Wirklichkeit die Bedürftigen aber so richtig abzocken. Eine erste kurze Beratung ist im jährlichen Mitgliedsbeitrag mitinbegriffen. Benötigt man dann irgendwann richtige Unterstützung, wird plötzlich eine Beratungsgebühr zusätzlich zum Jahresbeitrag fällig. Für Rechtsauskünfte, die der Verein wegen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht anbieten darf, wird auf einen „angegliederten“ Rechtsanwalt, meist selbst ein Vereinsmitglied, verwiesen. Dem Bedürftigen bleibt dann keine andere Wahl, als diesen Vereinsanwalt zu konsultieren und er wird erst dann hellhörig, wenn er die Honorarnote des Advokaten bekommt, deren Höhe meistens jenseits von Gut und Böse ist. Viele geschäftstüchtige Rechtsanwälte agieren so und verdienen sich unter dem Deckmantel des gemeinnützigen Vereins eine goldene Nase.

3. Soll eine Insolvenz unter allen Umständen vermieden werden? Wird das Insolvenzverfahren als ein Horrorszenario beschrieben, dessen Beantragung nur negative Konsequenzen hat?

Das dem Verbraucherinsolvenzverfahren vorgeschaltete außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren wird leider oftmals dazu verwendet, Geschäfte mit der Armut zu betreiben. Den hilfesuchenden Schuldnern wird suggeriert, eine Insolvenz müsse unter allen Umständen vermieden werden und sei das Schlimmste, was man sich denken kann. Auch Personen, die fest zu einem Insolvenzverfahren entschlossen sind, werden dazu genötigt, einen „Sanierungsvergleich“ in Auftrag zu geben, bei denen der unseriöse Schuldenberater so richtig zur Kasse bittet.

Das Ganze läuft so: Nachdem die Anfragenden überredet wurden, statt einem Insolvenzverfahren einen außergerichtlichen Vergleich durchzuführen und der Auftrag erteilt wurde, wird sofort damit begonnen, vom Schuldner monatliche Raten einzuziehen. Die Auftraggeber glauben, das Geld gehe an die Gläubiger, in Wirklichkeit aber kassiert alles der vermeintliche Schuldenberater. Im Hintergrund sollen dann die Gläubiger angeschrieben und Stillhalteabkommen mit diesen geschlossen werden. Wegen der übertriebenen und völlig außer Verhältnis stehenden Gebühren der Berater bezahlen Schuldner im Regelfall mindestens ein Jahr ihre Raten, ohne dass irgendetwas geschieht. Erkennt man als Schuldner diesen Schwindel, ist es meistens schon zu spät. Wegen ausgeklügelten und grenzwertigen Verträgen der betrügerischen Berater ist es sehr schwer, dieses verlorene Geld wieder zurückzubekommen.

Wenn Ihnen also das Insolvenzverfahren als Horrorszenario und Katastrophe beschrieben wird, das es in jedem Fall zu vermeiden gilt, so sollten Sie hellhörig werden und sich zumindest eine oder am besten mehrere weitere Meinungen einholen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass in vielen Fällen die Empfehlung der betrügerischen Berater völlig falsch ist und eine Entschuldung wesentlich einfacher und vor allem günstiger erfolgen kann.

4. Bietet der Sanierungsberater bzw. Rechtsanwalt eine „Entschuldung via Internet“ oder „über das Telefon“ an?

Im Zeitalter der modernen Medien und Kommunikationsmittel bieten immer mehr Schuldnerberatungsstellen eine „Online Beratung“  oder eine persönliche Beratung via Skype oder Webcam an. In Online Formulare können die Daten eingegeben werden, die Berater versprechen, eine möglichst unkomplizierte, schnelle und möglichst kostengünstige Abwicklung zu ermöglichen. Der Kontakt zum meist viele hundert Kilometer entfernten Ansprechpartner wird ausschließlich via Internet und Webcam hergestellt.

Es kann nur davor gewarnt werden, auf diese Masche der Abzocke hereinzufallen. Sowohl eine außergerichtliche Schuldenbereinigung als auch die Vorbereitung eines Insolvenzverfahrens sind komplexe und nicht zu unterschätzende Angelegenheiten. Hier ist ein persönlicher Kontakt zum Rechtsanwalt / Schuldnerberater unbedingt erforderlich. Es ist wichtig, dass Anfragen zeitnah beantwortet und bei Bedarf unverzüglich entsprechende Handlungen vorgenommen werden. Pfändet zum Beispiel während eines Schuldenbereinigungsverfahrens ein Gläubiger Ihr Konto oder gar ihre Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, so ist sofortiges Handeln unbedingt erforderlich.

Die Rechtsprechung hat darauf ebenso reagiert: Ein Insolvenzantrag ist wegen Verstoß gegen die §§ 305 ff. InsO unzulässig, wenn keine persönliche Beratung unter vier Augen stattgefunden hat.. AG Düsseldorf, Beschl. v. 9. 4. 2015 – 513 IK 232/14, ZVI 2015, 421:  AG Göttingen, Beschl. v. 20. 4. 2016 – 74 IK 74/16, ZVI 2016, 354: Beratung i. S. d. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO nur bei persönlichem Kontakt zwischen Schuldner und Berater; LG Düsseldorf, Beschl. v. 26. 6. 2015 – 25 T 410/15, ZVI 2015, 335: Unzulässigkeit des Verbraucherinsolvenzantrages bei telefonischer Schuldnerberatung oder Beratung per E-Mail)
Sie können also gar keinen Insolvenzantrag mehr stellen, wenn Sie sich fernmündlich von einem vermeintlichen Experten beraten ließen.

Auch hier gilt wieder der Grundsatz: Billiger muss nicht besser sein. Lassen Sie sich nicht blenden von Lockangeboten zu Dumpingpreisen. Haben Sie immer die Leistung als Ganzes im Blick. Bei uns bezahlen Sie nur für das, was Sie tatsächlich benötigen. Nicht mehr.

5. Ist der Berater eine staatlich anerkannte Stelle im Sinne des Art. 112 AGSG?

Um die Bescheinigung nach § 305 InsO erstellen zu können, die Zulässigkeitsvoraussetzung für das Verbraucherinsolvenzverfahren ist, muss Ihre Schuldnerberatung bzw. Ihr Berater eine staatlich anerkannte Stelle i.S.d. Art 112 AGSG. sein. Steuerberater und Rechtsanwälte dürfen dies kraft Gesetzes.

Da sich jedermann „Finanzberater“ und „Sanierungsfachmann“ nennen kann, ist bei derartigen Begriffen höchste Vorsicht geboten. Ist der Schuldnerberater keine staatlich anerkannte Stelle, sollte man besser die Finger davon lassen. Aber auch viele Rechtsanwälte betreiben die außergerichtliche Schuldenbereinigung eher nebenbei uns setzen sich mit der komplexen Materie des Insolvenzrechts und den Haftungsgefahren nicht ernsthaft auseinander.

Auch hierbei ist dringend anzuraten, die versierte Hilfe eines Spezialisten in Anspruch zu nehmen.

6. Weist Sie der Berater ungefragt auf kostenlose Beratungsmöglichkeiten hin?

Ein Rechtsanwalt ist verpflichtet, zumindest im Rahmen von Verbraucherinsolvenzverfahren den Mandanten auf die Möglichkeit der Beratungshilfe hinzuweisen,  wenn er unschwer erkennen kann, dass der anfragende Mandant über keine finanziellen Mittel verfügt, das Anwaltshonorar zu begleichen. Bei zahlungsunfähigen und überschuldeten Mandanten ist dies augenscheinlich. Wenn der Mandant den Anwalt wegen finanzieller Schwierigkeiten zwecks Beratung konsultiert, sind die Voraussetzungen der Beratungshilfe erfüllt. Der Rechtsanwalt muss dann die Voraussetzungen prüfen und bei positiver Prüfung kostenlos für Sie tätig werden. Er kann - außer einer Gebühr von 15,00 € - keine weiteren Kosten von Ihnen verlangen. Den Antrag können Sie hier herunterladen.

Fragen Sie bei Ihrem Rechtsanwalt gezielt nach der Möglichkeit der Beratungshilfe. Ein Anwalt, der Sie auf diese Möglichkeit nicht hinweist oder diese gar verleugnet, ist kein seriöser Berater.

Wird Ihnen die Beratungshilfe nicht zugesprochen, gibt es noch die staatlichen Schuldnerberatungsstellen, welche kostenlos die Beratung und die Einleitung des Insolvenzverfahrens anbieten. Wegen der hier oft langen Wartezeiten und den eingeschränkten Kompetenzen (staatliche Stellen dürfen weder Firmen noch ehemals Selbständige beraten) stellen diese aber in den meisten Fällen keine vergleichbare Alternative dar.

Für kommerzielle Schuldenberater, die keine Rechtsanwälte sind, gilt die Pflicht zur kostenlosen Beratung nicht. Die oft unangemessen hohen Vergütungen sollten bei jedem Hilfesuchenden aber Anlass zum Überdenken geben, ob man nicht besser einen (Rechts)anwalt oder einen zertifizierten Schuldnerberater konsultiert.